Freitag, 23. Januar 2015

Die Heizung.

Atem wie Nebel. Leute quälen sich bei der Kälte durch die Straßen in Mänteln, Jacken, Mützen und Schals, die sie sich, wie eine Anakonda, eng um ihre zierlichen Hälse und Schlüsselbeine geschlungen haben. Darunter lässt sich die zarte helle Haut nur erahnen.
Gefrorene Gliedmaßen. Sperrige Hände und viel zu zierliche Mobiltelefone zu bedienen. Vor dem Gitter des Hutmacherladens stehe ich nun, wartend in einer Nische, die nicht mal ansatzweise den durchpfeifenden, eisig schneidenden Wind abhält. Meine durch die Kälte aufgesprungenen Lippen saugen den Lippenbalsam schwammartig auf, selbst wenn ich ihn alle 5 Minuten erneuere. Ich sehe wieder auf die Uhr. Es sind genau 30 Sekunden vergangen seit dem letzten Mal. Meine kümmerliche Jacke versuche ich enger an mich zu pressen, die Schultern sind hoch gezogen und die Hände so tief wie nur möglich in den Taschen vergraben. Doch nichts scheint zu helfen. Meine Hände gefrieren sogar in den Hosentaschen zu Eisblöcken, die hochgezogenen Schultern erreichen auch nichts, außer einen verspannten Nacken. Die Jacke ist viel zu dünn, aber ich musste sie ja schließlich anziehen. 
Die Minuten vergehen, es bleibt dunkel. Menschen gehen zu nah an mir vorbei, erschrecken bei meinem unerwarteten Anblick im Torbogen und lachen über sich selbst. Mir bleibt nichts anderes übrig als ihnen halbherzig hinterher zu sehen und Pläne zum Todschlag und Diebstahl der Mäntel und Schals zu schmieden.15 Minuten sind es inzwischen schon. Ich würde so gerne eine Zigarette rauchen, doch die Kälte lässt mich ein zweites Mal darüber nachdenken und ich verwerfe den Gedanken schnell wieder, als ich versuche meine Hände in den Taschen zu bewegen. Die zwei Bier in meiner Tasche wiegen einladend auf meinem Rücken, doch auch noch ein kaltes Bier zu trinken? Meine Hand würde innerhalb von 2 Sekunden zerspringend zu Boden fallend. Doch bei dem Gedanken an den Durst entscheide ich mich doch lieber für die Zigarette.
Ich quäle mich , mit der Wärme versprechenden Glut gefählich nah an meinem Handrücken, die viel zu kleinen und zierlichen Tasten des Handys zu bedienen und schreibe ihm doch erneut. 

Es ist inzwischen eine halbe Stunde vergangen. Ich stehe hoffnungsvoll immernoch in diesem Torbogen und versuche mich der kleinen Masse der Straßenbenutzer nicht nervös, niedergeschlagen und hoffnungslos, sondern eher leger wartend, vielleicht auf einen Freund, zu zeigen. Doch inzwischen ist meine Körpertemperatur fast auf Winterniveau gesunken und ich ersehne mir meine warme Wohnung.
Er kommt nicht. Ich gehe nach Hause, schreibe ihm, er könne noch kommen, falls er das wollen würde.
Nach einem noch kältern, viel zu lang erscheinendem, aber eigentlich so kurzem Weg nach Hause gehe ich in mein Zimmer, stelle die Heizung auf 5 und grüße meinen Mitbewohner. Für kurze Zeit vergesse ich das Fiasko und unterhalte mich mit ihm. 45 Minuten später ist unser Gesprächsstoff aufgebraucht, ihn ruft das Lernen und mich meine Heizung. Immer noch keine Reaktion seinerseits. Die Kälte hat sich in meinem Körper festgesetzt und weigert sich zu verschwinden, die Heizung hilft auch nur halbherzig.
Und so verbreite ich die unfrohe Kunde, gebe mich den Tatsachen geschlagen und verbleibe leicht traurig, aber auch nicht zu niedergeschlagen neben meinem besten Freund im Moment. 
Der "heiß" geliebten Heizung.

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