Als ich wieder einmal nachts nach Bamberg fuhr ist mir etwas sehr komisches passiert.
Ich bin aus dem Haus, hab meine Gerlinde gestartet und bin zum Bahnhof Gefahren, was an sich ja bis auf die abartige Kälte noch vollkommen normal ist.
Am Bahnhof angekommen habe ich mir eine ausnahmsweise mal nicht überflüssige Fahrkarte gekauft, mir eine Zigarette angezündet und bin durch die Unterführung auf mein Gleis gegangen. Als ich die letzte Stufe hinter mir hatte, sah ich einen jungen, ich hätte ihn auf 13 geschätzt, der da stand und relativ hilflos aussah. Den Grund dafür bemerkte ich kurz darauf; ich ging an ihm vorbei und hörte hinter mir nur ein leises Lallen: "frag den doch mal!"
Danach ein weniger leises, energisches: "ÖYY!!"
Ich blieb stehn und drehte mich um. Jetzt konnte ich auch die andere Person erkennen. Ein ca 50-jährigen Mann mit dämlichem Filzhut, einem Rucksack in der Hand und einer fast abgebrannten Zigarette um Mundwinkel.
"Öy pass ma auf.. Ich geb dem Jung etz mei angfangene Wasserflaschn und dann nimmst nan mit nach nürnberch...", sagte er wankend zu mir.
Ich war im ersten Moment total geschockt. War das sein Vater, der seinen Sohn wegschicken wollte und MICH damit beauftragte?! Oder war dieser Betrunkene eventuell sogar sein LIEBHABER??!!
Ok, das war dann doch eher unwahrscheinlich. Aber was genau wollte denn dieser Mann mit der Fahne von mir?
Er lallte noch irgendetwas von seinem Wohnort und davon, wie betrunken er denn sei. Ich hörte nicht zu sondern sah den Jungen an. Er war ungefähr einen Kopf kleiner als ich und hatte eine Frisur wie Justin Biber zu dem Zeitpunkt, als er berühmt wurde. Er sah etwas verwirrt und ziemlich neben der Spur aus.
"Du musst also nach Nürnberg?"
"Hm.. Ja", sagte er.
"Und was genau ist jetzt das Problem?", hakte ich nach.
"Dem Mann ist sein Hut runter gefallen. Ich hab ihn ihm aufgehoben und... Joah."
Das half mir auch nicht weiter. Ich war inzwischen vollkommen überfordert.
"Ja also dann musst du eben aufs andere Gleis gehen. Keine Ahnung wann dein Zug fährt, aber da hängt ja ein Fahrplan." , versuchte ich mich aus der Situation zu fliehen und sah anschließend den Mann an, der auch relativ verwirrt wirkte.
"Jaajaah, steig ner ei!", sagte er zu mir als ein Güterzug vorbei fuhr und gab mir anschließend die Hand zur Verabschiedung. Ich war froh, dass ich Handschuhe trug. Dieser Mann strahlte etwas dermaßen verbrauchtes und dreckiges aus, dass ich das in den tiefsten Tiefen meiner Psyche auf seine Hand projizierte. Ich drehte mich also um und ging die restlichen 10 Meter bis zu meinem Gleis.
Ich hörte ihn immernoch lallen und ich hatte etwas Mitleid mit dem Jungen.
Plötzlich überkam mich ein komisches Gefühl. Was, wenn dem Jungen etwas zustoßen würde? Wenn der Besoffene ihn nun irgendwohin mit schleppen würde? Wär ich Schuld, weil ich ihm nicht geholfen habe? Sollte ich noch einmal zurück gehen? Sollte ich den Jungen aus dem Zwang aus Alkoholfahnen und gelallten, unverständlichen Worten befreien?
Mein Zug fuhr vor.
Wie der Zug in den Bahnhof vorfuhr, so rauschte der Gedanke an die 2 Gestalten aus meinem Kopf.
Aus den Augen, aus dem Sinn.
Eine traurige menschliche Angewohnheit.
Verrückter zwischenmenschlicher Scheiß eben.
Good night, bitches :P
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